An dieser Stelle soll einmal der Hintergrund der Katharinasittich-Farbschläge erläutert werden. An der Genetik, der Lehre von den Genen, kommt der interessierte Züchter dabei nicht vorbei, denn die Vererbung von Farbmutationen ist abhängig von den Genen der Vögel.

Wie die Gefiederfarbe entsteht, ist weiter unten erklärt.

Doch zunächst …

… einige Fachbegriffe und Erklärungen rund um die Genetik
  • Chromosom: Auf den Chromosomen befinden sich unter anderem die Genorte für alle Eigenschaften und Funktionen eines Organismus‘, so auch der Federfarbe. Der Mensch hat 46 Chromosomen, zwei Geschlechtschromsomen (Heterosomen) und 44 als identische Paare (22 homologe Chromosomepaare; Autosomen). Dementsprechend liegen auch die Gene auf diesen Paaren immer doppelt vor. Die Hälfte der Chromosomen eines Menschen – und eines Vogels – stammen vom Vater, die andere Hälfte von der Mutter.
  • Geschlechtschromosomen/Heterosomen: Der männliche Mensch hat ein X- und ein Y-Chromosom, der weibliche Mensch zwei X-Chromosomen. Bei Vögeln ist es anders herum: Hier hat das Weibchen ein W- und ein Z-Chromosom, das Männchen zwei Z-Chromosomen.
  • Heterosomale/geschlechtsgebundene Vererbung: Das Merkmal, welches vererbt wird, befindet sich auf dem größeren der beiden Geschlechtschromosomen (X bzw. Z). Dies ist beim weiblichen Vogel nur einmal vorhanden, beim männlichen Vogel hingegen zweimal.
  • Autosomale Vererbung: Das Merkmal, welches vererbt wird, befindet sich nicht auf einem der beiden Geschlechtschromosomen.
  • Dominante Vererbung: Ein Farbmerkmal, welches dominant vorliegt, kann nicht verdeckt weitervererbt werden. Beispiel hierfür ist die grüne Wildfarbe des Katharinasittichs. Ist diese grüne Färbung genetisch festgelegt, so ist sie auch sichtbar.
  • Rezessive Vererbung: Ein Farbmerkmal, welches rezessiv vorliegt, ist nicht unbedingt sichtbar. Es kann somit verdeckt weitervererbt werden. Beispiel: die türkisfarbene Variation. Trägt eines der Chromosomen eines Paares das Gen für grün, das andere für türkis, so ist der Vogel grün (Spalterbigkeit). Ein solches Tier kann jedoch die Information türkis an seine Nachkommen vererben. Erst wenn beide Chromosomen eines Paares die Mutation für türkis tragen, ist der Vogel tatsächlich türkisfarben.
  • Ko-dominante Vererbung: Keines der Merkmale liegt dominant oder rezessiv vor, sie ergänzen sich. Ein Beispiel hierfür ist der Dunkelfaktor beim Katharinasittich. Denn es gibt Vögel mit der Information ‚beide Chromosomen eines Paares ohne Dunkelfaktor‘ (grün), ‚ein Chromosomen eines Paares mit einem Dunkelfaktor‘ (D grün oder dunkelgrün) sowie ‚beide Chromosomen eines Paares mit je einem Dunkelfaktor‘ (DD grün oder oliv).
  • Spalterbigkeit: Ein spalterbiger Vogel vererbt rezessive Farbeigenschaften an seine Nachkommen, die man ihm nicht ansieht. So kann beispielsweise ein grüner Vogel spalterbig für türkis sein (Kürzel: grün/türkis). Wichtig: rezessive, geschlechtsgebundene Mutationen wie die Ino-Mutation können nur vom Männchen verdeckt vererbt werden. Denn sobald dieses Merkmal bei einem weiblichen Vogel auf dem einzigen Z-Chromosom vorliegt, ist es auch sichtbar.
  • 1,0 oder 0,1? Diese Zahlenkürzel umschreiben Anzahl und Geschlecht von Vögeln. 1,0 bedeutet: ein Männchen. 0,1 bedeutet: ein Weibchen. Drei männliche und vier weibliche Vögel wären dementsprechend 3,4. Wird eine dritte Ziffer angegeben, so steht diese für die Anzahl der Tiere, deren Geschlecht unbekannt ist, beispielsweise 0,0,2 für zwei Tiere unbekannten Geschlechts.
Gefiederfarbe

Federfarben sind ein komplexes Zusammenspiel von Pigmentfarben und Federstruktur.

Etwas Hintergrundwissen …

  • Als Farbpigmente sind vor allem Melanine und Lipochrome bekannt. Durch ihre molekulare Struktur absorbieren sie bestimmte Wellenlängen des weißen Lichts und erscheinen so in verschiedenen Farben. Eumelanin beispielsweise ist dunkelbraun bis schwarz, dagegen scheint Phäomelanin hell- bis rötlichbraun.
  • Vorhandene Gefiederzeichnung entsteht dadurch, dass die Abgabe von Melanin lokal entweder gehemmt oder gesteigert ist.
  • Die für Papageien charakteristischen Lipochrome heißen Psittacin. Sie sind zuständig für gelbe Farben, welche besonders in den äußeren Schichten der Federn zu finden sind.
  • Albinos fehlen sämtliche Farbpigmente. Weiße Vögel hingegen haben durchaus Pigmente. Bei ihnen wird eintreffendes Licht durch ein komplexes Zusammenspiel von Pigmenten, pigmentfreien Zellen sowie Federstrukturen komplett – und somit weiß – reflektiert.
  • Blaue Federfarbe ist nicht auf ein blaues Pigment zurückzuführen, sondern auf sogenannte Kästchenzellen. Diese luftgefüllten Zellen sitzen über den dunklen Farbpigmenten und reflektieren eintreffendes Licht dergestalt, dass die Federn blau erscheinen.

Mit diesen Kenntnissen lässt sich nun leicht erklären, wie die unterschiedlichen Farben des Katharinasittichs zustande kommen.

Mehrere verschiedene, unabhängig voneinander oder gekoppelt vererbte Gene bestimmen die Gefiederfärbung. Ein Gen zum Beispiel sorgt dafür, dass das gelbe Psittacin in den äußeren Teil der Feder gelangt, ein zweites ist für die Herstellung des schwarzen Melanins zuständig. Weitere Gene kümmern sich um die Form der Kästchenzellen oder um den Transport des Melanins in den Federkern.

Schauen wir uns nun einmal den wildfarbenen Katharinasittich an. Bei ihm laufen alle Stoffwechselwege zur Melaninproduktion und zur Einlagerung des Psittacins einwandfrei ab, im Federkern liegen also schwarze Melaninpartikel vor, die wegen der wohlgeformten Kästchenzellen blau erscheinen. Die Rindenschicht hingegen enthält gelbes Lipochrom. Das Resultat ist ein grüner Vogel.

Wird nun aufgrund einer Mutation auf einem Chromosom der Weitertransport des Psittacins stark eingeschränkt, kann nur ein Teil des Pigments sein eigentliches Ziel erreichen. Die äußere Rindenschicht ist nicht gelb, sondern heller cremefarben. Ein solcher Vogel ist türkis.

Gehen wir jetzt aber einmal davon aus, dass das Psittacin die äußere Federschicht erreicht. Durch eine andere Mutation wird aber verhindert, dass Melanin zusammengebaut, weitertransportiert oder eingelagert wird. Die Folge wäre ein gelber Vogel. Aber nicht nur das! Da ja die Melaninproduktion komplett unterbunden ist, hat dieser Vogel zudem noch rote Augen und helle Krallen. Wir haben dann einen Lutino.

Treffen beide Mutationen zusammen, entsteht ein Cremino. Dessen Gefieder ist – bis auf den leichten gelben Schimmer – pigmentfrei.